Beschreibung

 

Unerbittlich besteht König Melim-anna von Uruk auf dem Recht der ersten Brautnacht, ohne vom zunehmenden Frust seines Volkes oder den Ratschlägen seiner Vertrauten Notiz zu nehmen. Um dessen Grausamkeiten zu entgehen, beschließt Dumu-ugen, sich umzubringen – doch die Schöpfungsgöttin Namma vereitelt ihren Plan und birgt die angehende Braut in der Mitte des Salzmeeres. Als der König bei der Seefahrt dorthin auf mysteriöse Weise verschwindet, begibt sich zuletzt der Hymnendichter Mesch-ursang auf die Suche nach den Verschollenen. Doch hat er weder mit dem Seeungeheuer, das die Jungfer bewacht, noch der grenzenlosen Eifersucht der Liebesgöttin Inanna gerechnet. Ganz zu schweigen von Dumu-ugen selbst.

 

Zweiter Teil der ALTERA-ALA-ANIMAE-Ennealogie.

 



Mosaik


Leseprobe

Den Hymnendichter Mesch-ursang ließ er vor sich führen und sagt:

„Die Weissagung zeigte mir die verschwundene Jungfer.

Dumu-ugen befindet sich im Salzmeer zwischen den Blättern einer Wasserblume.

In den Wellen zieht ein Ungeheuer seine Kreise.

Es kann das Mädchen nicht erreichen.

Die Weltschöpferin Namma beschützt das Mädchen.“

 

Der König erhob die Stimme und sagt:

„Mit neun Schiffen und einhundert Mannen werde ich aufbrechen.

Mit neun Schiffen und einhundert Mannen werde ich bis zum Salzmeer hinabfahren und das Ungeheuer töten.

Mit neun Schiffen und einhundert Mannen werde ich die Wasserblume brechen und die Jungfer nach Uruk zurückführen.“

 

Der Hymnendichter Mesch-ursang senkte sein Haupt und sagt:

„Wieso, oh König, willst du so viele Gefahren auf dich nehmen?

Wieso willst du deine Mannen, die du im Krieg brauchst, ins Verderben stürzen?

Wieso willst du dein Volk im Stich lassen?“

 

Der König antwortet mit folgenden Worten:

„Süß wie Dattelsirup, sagt das Volk, ist die Jungfer.

Keine Ruhe finde ich, ehe ich von diesem Sirup koste.“

 

Der Hymnendichter Mesch-ursang senkte sein Haupt und sagt:

„Wieso willst du jene Spröde beschlafen, die von ihren Eltern Sohn genannt wird?

Wieso willst du jene Spröde beschlafen, die die Perlengeschenke ihrer Freier wie Spielsteine in den Bewässerungskanälen springen ließ?

Wieso willst du jene Spröde beschlafen, die von Inanna beneidet und von Namma beschützt wird?

Oh König, Verderben erntet, wer zwischen Giftschlangen pflügt.“

 

Der König antwortet mit folgenden Worten:

„Von meinem Entschluss werde ich nicht weichen.

Verwalte Uruk, bis ich mit Dumu-ugen zurück bin.“

 

Inanna, die vollkommene Schönheit, erfuhr von den Plänen Melim-annas.

Sie salbte ihren Leib mit feinem Öl.

Sie trug Silberschminke auf ihren Lidern auf.

Sie steckte ihr Haar über dem Nacken hoch.

 

Sie trat vor den König und sagt:

„Wieso, oh König, willst du so viele Gefahren auf dich nehmen?

Wieso willst du deine Mannen, die du im Krieg brauchst, ins Verderben stürzen?

Wieso willst du dein Volk im Stich lassen?“

 

Der König antwortet mit folgenden Worten:

„Süß wie Dattelsirup, sagt das Volk, ist die Jungfer.

Keine Ruhe finde ich, ehe ich von diesem Sirup koste.“

 

Inanna, die vollkommene Schönheit, erhob die Stimme und sagt:

„Wieso willst du jene Spröde beschlafen, die von ihren Schwestern Bruder genannt wird?

Wieso willst du jene Spröde beschlafen, die ihrem Verlobten statt Bier schäumenden Eselsharn vorsetzte?

Wieso willst du jene Spröde beschlafen, die ihre Scheide mit dem Messer durchbohren wollte?

Oh König, suche nicht das Bier der fernen Schenkin.

Köstlich ist das Bier, das ich dir darreichen werde.“

 

Der König antwortet mit folgenden Worten:

„Von meinem Entschluss werde ich nicht weichen.

Verwalte Uruk, bis ich mit Dumu-ugen zurück bin.“

 

Am nächsten Tag brach er auf.

Mit neun Schiffen und einhundert Mannen brach er auf.