Beschreibung

 

Das Lehrerdasein erfüllt den Kasperl Larifari nicht. Er will Komiker werden. Die Ehefrau in den Ohren, den Kabarett-Teufel im Genick und das Krokodil auf den Fersen erfüllt er sich endlich diesen Traum – und bald vermag ihn nur mehr der beschwörende Schäfflertanz vor dem finalen Sprung in die Menschenmenge zu bewahren.
Ein Kasperltheater in Form eines Capriccios – angestoßen durch ein Zitat von Herbert Achternbusch.



Leseprobe

Kasperl:      ringt um die Aufmerksamkeit seines übergroßen Sohnes

                    Na, mein Kleiner. Wie war dein Tag? 

 

Gretel:         Fleißig war er. Die Karriereleiter der Entwicklung nimmt er fliegend.

 

Kasperl:     Manchmal frag ich mich ja, was vor dem Leben war. Das Baby müsste’s uns verzählen können. Man könnte es fragen, wenn man seine Aufmerksamkeit bekäme.

 

Gretel:         Ich will ihn fragen.

 

Kasperl:       Ich hab mir denkt, ich dürfte fragen. Es war ja meine Idee …

 

Gretel:       Deine Idee? Du bist der bloße Abklatsch der Kopie eines Lemmings, der nur darum zuletzt in den Abgrund stürzt, weil er sogar zu schwach ist, einen Mitläufer zufriedenstellend nachzuahmen. „Ich hab mir denkt, ich dürfte fragen“ – dieser Satz, diese CO2-Emission einer schwächlichen Lunge, dieses Lallen einer vom fortwährenden Ich-habe-keine-Meinung-Sagen geschwächten Zunge, dieser Schluckauf des Schwachsinns, ist prototypisch für dich – sogar das Verb konjugierst du schwach.

 

Es tut mir leid, dir reinen Wein einschenken zu müssen: Aber nichts und rein gar nichts, was jemals aus deinem Mund kommt, ist deine Idee.   

 

                  Dein Können ist in einer Minute aufgeführt und dein Wissen passt auf ein Bierfilzl. Das gelegentliche Aufstoßen deines abfaulenden Gehirnmuskels, das du vermutlich für Gedanken hältst, kreist einzig darum, wie du dich artig in die Welt einfügen kannst, ohne auch dem allerletzten Quadratdeppen auf den Schlips zu treten – ach, du betrachtest ihn noch mit sabbernden Lippen und beneidest ihn um seine Wahrhaftigkeit. Eine Wahrhaftigkeit von der du Karikatur deiner selbst nur träumen kannst – sofern dein Herz überhaupt imstande wäre zu träumen. Würde dir hier und jetzt eine Fee erscheinen und dir einen Wunsch gewähren, du würdest dir vor lauter Nervosität auf die Zunge beißen und dein Herzenswunsch – der Weltrekord an Mittelmäßigkeit – würde in deinem lachhaften Gejammer untergehen.

 

In der Definition eines Blöden magst du nicht blöd sein und in den Augen eines Erblindeten vielleicht sogar schön. Und doch kann einen echten Menschen dein Anblick nur insofern reizen, dass ihm die Galle in den Mund fährt – denn der debile, hohläugige Abgrund der Menschheit prangt so offenkundig in deinem Augen-Nasen-Mund-Gemisch, als würde man ein farbiges Fotoalbum der Menschheitsverbrechen studieren.

 

Am Tage deiner Beerdigung wird die Trauer der wenigen Anwesenden allenfalls dem Pfarrer gelten, der mit der Aufgabe, deinen Charakter in warme Worte, ach, was sage ich – überhaupt in Worte zu fassen, die Quadratur des Kreises unternehmen muss.

 

                   Was mich veranlasst hat, dich zu meinem Ehemann zu nehmen, ist das größte Rätsel meines Lebens. Alles in mir schreit danach, dich vor dem höchsten Gericht der Menschheit zu verklagen, dafür, mich vergiftet und gegen meinen Willen geehelicht zu haben, wenn ich nicht wüsste, dass solcherlei ideenreiche Heimtücke mit der schreienden Belanglosigkeit deines Charakters unvereinbar wäre. Es hatte keinen Grund als das jugendlich-rebellische Austesten, das Pubertierende veranlasst, auf Eisenbahnschienen zu übernachten oder ihre Körperflüssigkeiten zu kosten. Anziehend hast du auf mich gewirkt, in einem sündigen Alter, wo alles Abstoßende etwas Anziehendes an sich hat. Was also hätte anziehender sein können als dieser vollendet abstoßende Zusammenschluss von Mikroben, der nun vor mir steht und nichts vermag, als mir den Sauerstoff wegzuatmen.

 

                 Wahrlich, gebüßt habe ich! Gebüßt mit jedem Lidschlag, den ich an deiner Seite verbringen musste. Gebüßt habe ich, wie niemand im Fegefeuer – und kochte er auch bis zum Jüngsten Tag in ätzender Säure – in allen Sphären der Ewigkeit je gebüßt haben wird. Dass ich noch immer mit dir verheiratet bin, ist der wissenschaftliche Beweis dafür, dass der Satan die himmlischen Heerscharen besiegt und die Heilige Dreifaltigkeit unterjocht hat.

 

Kasperl:       Schon gut, schon gut. Du darfst ihn fragen.

 

Gretel:         Na also. Lorenz? Loorenz?